Ausschluss des Abfindungsanspruchs bei einer groben Verletzung der Interessen der Gesellschaft?
Grundsätzlich hat sowohl der austretende als auch der ausgeschlossene Gesellschafter einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. Für die Gesellschaft können derartige Zahlungen einen erheblichen Kapitalabfluss bedeuten. In vielen Gesellschaftsverträgen sind daher einschränkende Regelungen zur Wertberechnung und Zahlungsmodalitäten enthalten. Aber lässt sich die Abfindung ausschließen, etwa wenn der Gesellschafter eine grobe Pflichtverletzung begangen hat?
Über diese Frage entbrannte ein Streit unter den Gesellschaftern, den letztlich der Bundesgerichtshof entscheiden musste (Urteil vom 29.04.2014 - II ZR 216/13).
Die Klägerin war Gesellschafterin der GmbH. Der Gesellschaftsvertrag enthielt folgende Regelung: ,,Hat der Gesellschafter die Interessen der Gesellschaft grob verletzt, so erfolgt die Einziehung ohne Entgelt." Die Gesellschafterin wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung aus der Gesellschaft ausgeschlossen und ihr Geschäftsanteil eingezogen. Durch weiteren Gesellschafterbeschluss wurde festgestellt, dass ein Abfindungsentgelt nicht geschuldet sei, hilfsweise lediglich in der Höhe, in der ein Abfindungsentgelt gerichtlich bestimmt werde. Der BGH urteilte, dass eine entschädigungslose Einziehung eines Geschäftsanteils bei Ausschluss des Gesellschafters aus wichtigem Grund sittenwidrig ist. Die entschädigungslose Einziehung eines Geschäftsanteils könne nicht als (zulässige) Vertragsstrafe angesehen werden.
In der Praxis empfiehlt es sich daher, Gesellschaftsverträge, die eine solche Regelung enthalten, anzupassen. Ohne Anpassung wäre entweder bereits der Ausschluss des Gesellschafters unwirksam oder sein Ausschluss nur gegen die übliche Abfindung möglich.
Ob ein einzelner Gesellschafter Ersatzansprüche der GmbH gegen den Fremdgeschäftsführer geltend machen kann, ist umstritten.
Der BGH äußert sich in seinem Urteil vom 25.01.2022 - II ZR 50/20 - deutlich zu dieser Thematik. In dem Fall verklagte der Minderheitsgesellschafter einer GmbH den Fremdgeschäftsführer auf Schadensersatz. Der BGH lehnt in seinem Urteil die Zahlung von Schadensersatz durch den Geschäftsführer ab. Denn der Minderheitsgesellschafter durfte im eigenen Namen keine Klage gegen den Geschäftsführer erheben. Dafür fehlte dem Gesellschafter die Prozessführungsbefugnis. Der Streit, ob die Anspruchsverfolgung im Interesse der Gesellschaft liegt, sei allein zwischen den Gesellschaftern auszutragen.
Gesellschafterklage grundsätzlich nur gegen Mitgesellschafter
Zwar ist anerkannt, dass der einzelne Gesellschafter eine Klage im Namen der Gesellschaft gegen Mitgesellschafter einreichen kann. Der BGH lehnt die Übertragung der Gesellschafterklage oder actio pro socio gegen den Fremdgeschäftsführer ausdrücklich ab. Eine actio pro socio könne nur gegen Mitgesellschafter und nicht gegen einen Geschäftsführer erhoben werden, der nicht selbst Gesellschafter ist.
Gesellschafterbeschluss
Die Bedeutung dieser Entscheidung in der Praxis ist erheblich: Will ein einzelner Gesellschafter Ersatzansprüche seiner Gesellschaft gegen den Geschäftsführer geltend machen, muss er zunächst einen Gesellschafterbeschluss über die Einleitung eines Verfahrens gegen den Geschäftsführer erreichen (§ 46 Nr. 8 GmbHG). Weigert sich die Gesellschafterversammlung, einen Anspruch gegen den Fremdgeschäftsführer zu verfolgen, muss der Gesellschafter gegen den ablehnenden Beschluss klagen und kann so die Anspruchsverfolgung letztlich erzwingen.
Anwaltskanzlei JOHANNES berät Unternehmen und Unternehmer in allen wirtschaftsrechtlichen Belangen. Für Fragen zur Geschäftsführerhaftung oder zu Gesellschafterstreitigkeiten stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.